Grüne Liste Prävention
Grüne Liste Prävention
Communities That Care (CTC) erfordert die gezielte Auswahl wissenschaftlich fundierter Präventionsprogramme, um lokale Herausforderungen wirksam anzugehen. Genau hier setzt die Grüne Liste Prävention an: Als zentrales deutsches Evidenzregister, entwickelt im Zuge der CTC-Einführung, bietet sie Kommunen und Fachkräften eine verlässliche, geprüfte Auswahl effektiver Maßnahmen für Kinder und Jugendliche. Sie ist ein unverzichtbares Werkzeug innerhalb des CTC-Prozesses, um evidenzbasiert zu handeln, passende Interventionen für identifizierte Risiko- und Schutzfaktoren zu finden und die Qualität der Präventionsarbeit sicherzustellen.
Das Evidenzregister für Prävention und Gesundheitsförderung
Die Grüne Liste Prävention ist ein öffentlich zugängliches und kostenfrei nutzbares Online-Evidenzregister, das evaluierte Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung (PGF) systematisch zusammenstellt. Ihr primäres Ziel ist es, Akteure in Praxis und Politik sowie anderen Interessierten die bedarfsgerechte Auswahl wirksamkeitsgeprüfter Programme zu ermöglichen, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Angesichts der Vielzahl existierender PGF-Maßnahmen unklarer Güte und der oft bestehenden Lücke zwischen der wissenschaftlichen Forderung nach Evidenz und der praktischen Umsetzung soll das Register evidenzbasiertes Handeln erleichtern. Es trägt dazu bei, die Anwendung unwirksamer oder potenziell schädlicher Maßnahmen zu vermeiden und unterstützt eine effiziente Ressourcensteuerung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stuft die Grüne Liste Prävention als „Best Evidence“-Datenbank ein.
Entwicklung und Kontext
Die Grüne Liste Prävention wurde 2011 vom Landespräventionsrat Niedersachsen (LPR) initiiert. Die Entwicklung erfolgte im Rahmen des Transfers der kommunalen Rahmenstrategie „Communities That Care“ (CTC) nach Deutschland, mit Vorbildern wie dem US-amerikanischen Register „Blueprints for Healthy Youth Development“ und der niederländischen „Databank Effectieve Jeugdinterventies“. Seit 2016 wird das Register in Kooperation zwischen dem LPR und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) geführt, gepflegt und weiterentwickelt. Es ist integraler Bestandteil von CTC sowie adaptierter Rahmenstrategien wie „Schools That Care“ (STC) und „Weitblick„, die Kommunen und Schulen bei der Auswahl, Implementation und Qualitätsentwicklung evidenzbasierter Programme unterstützen.
Aufnahme- und Bewertungsverfahren
Die Aufnahme von PGF-Maßnahmen in die Grüne Liste Prävention erfolgt nach einem standardisierten Verfahren. Programme können über die Webseite vorgeschlagen werden oder werden durch Eigenrecherche des Projektteams identifiziert. Jede Maßnahme wird anhand definierter Kriterien hinsichtlich ihrer Evaluations-, Konzept- und Umsetzungsqualität geprüft. Zu den Kriterien zählen u. a. die aktuelle Verfügbarkeit, das Vorhandensein eines logischen Wirkmodells, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und insbesondere die Qualität der Evaluationsstudie.
Basierend auf dem Evaluationsdesign und dem Nachweis positiver Effekte werden die Programme einer von drei Evidenzstufen zugeordnet:
- Stufe 1: Effektivität theoretisch gut begründet: Erfordert mindestens eine Evaluationsstudie mit positiven Ergebnissen, z. B. eine Prä-Post-Studie ohne Kontrollgruppe.
- Stufe 2: Effektivität wahrscheinlich: Erfordert mindestens eine kontrollierte Studie (quasi-experimentell oder randomisiert-kontrolliert) mit positiven Ergebnissen, jedoch ohne Follow-up-Untersuchung.
- Stufe 3: Effektivität nachgewiesen: Erfordert mindestens eine kontrollierte Studie mit positiven Ergebnissen und einer Follow-up-Untersuchung von mindestens sechs Monaten.
Nur Programme, die mindestens Stufe 1 erreichen und aktuell verfügbar sind, werden gelistet. Die detaillierten Aufnahme- und Bewertungskriterien sind auf der Webseite veröffentlicht.
Inhalte des Registers
Aktuell sind über 111 Pogramme gelistet, die sich primär auf die Förderung der psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (Altersbereich 0-18 Jahre) konzentrieren.
- Thematische Schwerpunkte: Gewaltprävention (inkl. Mobbing), Suchtprävention und psychische Gesundheit sind häufig vertreten. Ernährung und Bewegung sind weniger repräsentiert, eine Erweiterung des Registers um diese Themenbereiche ist jedoch im Gange.
- Programmtypen: Sozial- und/oder Lebenskompetenztrainings machen den größten Anteil aus, gefolgt von Trainings für Erziehungsberechtigte. Verhältnispräventive Ansätze sind bisher unterrepräsentiert.
- Zielgruppen: Die meisten Programme richten sich an Jugendliche (11-18 Jahre) und Grundschulkinder (6-10 Jahre), während der frühkindliche Bereich (0-3 Jahre) seltener adressiert wird Neben der primären Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen werden häufig auch sekundäre Zielgruppen wie Lehrkräfte und Eltern/Erziehungsberechtigte einbezogen.
- Settings: Das häufigste Setting ist die Schule, gefolgt von Kommune und Familie.
- Förderfähigkeit: Ein Großteil der Programme lässt sich den Förderkriterien der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach § 20 SGB V zuordnen.
Jeder Programmeintrag bietet detaillierte Informationen zu Zielen, Risiko- und Schutzfaktoren, Zielgruppen, Methoden, Evaluationsergebnissen, Kosten, Implementationsaspekten und Ansprechpersonen. Die Einträge werden durch Verschlagwortung und Suchfunktionen zugänglich gemacht, um eine ressourcensparende und passgenaue Auswahl zu unterstützen.
Bedeutung und Ausblick
Die Grüne Liste Prävention leistet einen wichtigen Beitrag zur Evidenzbasierung in der PGF-Praxis in Deutschland, insbesondere für Kommunen und Initiativen, die nach dem CTC-Rahmen arbeiten. Durch die strukturierte und anwendungsfreundliche Aufbereitung von Informationen über wirksame Interventionen unterstützt sie Fachkräfte und Entscheidungsträge innerhalb des CTC-Prozesses maßgeblich bei der Auswahl geeigneter, evidenzbasierter Maßnahmen (Phase 4 & 5), die auf die lokal identifizierten Risiko- und Schutzfaktoren zugeschnitten sind. Die laufende Erweiterung um die Themen Ernährung und Bewegung sowie die stärkere Berücksichtigung von verhältnispräventiven Maßnahmen und Setting-Ansätzen wird das Spektrum des Registers verbreitern und somit die Handlungsmöglichkeiten für CTC-Koalitionen erweitern. Das Register ist somit ein unverzichtbarer Baustein für CTC-Anwender, um die Lücke zwischen der Forderung nach Evidenz und der Anwendung in der Praxis zu schließen und gezielt zur Verbesserung gesundheitsförderlicher Lebensbedingungen in ihrer spezifischen Gemeinschaft beizutragen.